Der Verein

Januar 2015

6 Fragen an Harald Kielmann

Der Kunstverein Neckar-Odenwald hat seit Sommer 2014 einen neuen Vorsitzenden – Harald Kielmann, den Leiter des ver.di-Bildungszentrums Mosbach. Dieser hatte in den letzten Monaten Gelegenheit, sich in seine neue Aufgabe einzuarbeiten und wir stellten ihm einige Fragen, um mehr von ihm über diese Arbeit und sein Verhältnis zur Bildenden Kunst im Allgemeinen erfahren.

 

Frage: Herr Kielmann, seit Juli 2014 kam es zu Ihrer Wahl als neuer 1. Vorsitzender des Kunstverein Neckar-Odenwald. Sie lösten damit Werner Zeh aus Buchen ab, der nicht mehr zur Wahl stand, weil er sich aus diesem intensiven „Job“ zurückziehen wollte, um sich mehr seiner eigenen künstlerischen Arbeit und seiner Familie widmen zu können. Wie kam es dazu, dass Sie sein Nachfolger wurden?

Harald Kielmann: Einige Vorstandsmitglieder des Kunstvereins hatten mich angesprochen, ob ich mir vorstellen könne, den Vorsitz des Kunstvereins zu übernehmen. Ich wusste bis dahin gar nicht, dass Werner Zeh sich zurückziehen wollte. Nach reiflicher Überlegung habe ich mich dann zur Kandidatur entschlossen und wurde am 05. Juli 2014 von der Mitgliederversammlung zum Vorsitzenden gewählt.

 

Frage: Wie ist ihr eigener persönlicher Bezug und Lebensweg in Hinblick auf die Kunst, insbesondere in Hinblick auf die Bildende Kunst, die ja das Hauptanliegen des Kunstvereins ist? Sind Sie selbst künstlerisch aktiv?

Harald Kielmann: Schon als Jugendlicher haben mich verschiedene Sparten der Kunst angezogen und fasziniert. Dabei hatte ich das Glück, Anfang der 1970er Jahre in meiner Heimat im Ruhrgebiet die Theaterarbeit von Peter Zadek und das Tanztheater von Pina Bausch aus der Nähe kennen zu lernen, und die davon ausgehende Faszination hat sich mein Leben lang erhalten. Es war die Zeit der Filme von Godard, Rivette, Rohmer, Fassbinder, Ken Loach usw., und Musik gehörte in den Post-1968er-Aufbruchsjahren ohnehin zum Lebensgefühl. Meinen Zugang zur Bildenden Kunst verdanke ich vor allem einem Schulfreund, der an der Kunstakademie Düsseldorf bei Gerhard Richter studiert hat und mich gewissermaßen in die Bildende Kunst eingeführt hat. Zu eigener künstlerischer Arbeit fühlte ich mich allerdings nie berufen.

 

Frage: Eine persönliche Frage: bei welchen Künstlern oder Künstlergruppen bzw. bei welcher künstlerischen Richtung schlägt Ihr Herz besonders hoch? Oder anders gefragt: was hängt bei Ihnen zuhause an den Wänden?

Harald Kielmann: Schon wenn man die Frage auf die Bildenden Künstler/innen beschränkt, könnte ich viele Namen nennen. Von Piero della Francesca über Caravaggio bis zu Kandinsky gibt es viele „Klassiker der Kunstgeschichte“, die ich bewundere, , auf die zeitgenössische Kunst bezogen gibt es allein in 2014 eine ganze Reihe von Arbeiten, die mich sehr angesprochen haben, z.B. die Videoarbeiten von Laura Horelli, die der Badische Kunstverein gezeigt hat, Etel Adnan und Judith Raum im Heidelberger Kunstverein, Amelie von Wulfen im Kunstverein München oder Geoffrey Farmer in Hamburg, ganz unterschiedliche künstlerische Positionen. An unseren Wänden zuhause hängen überwiegend Arbeiten von Malerinnen und Malern, die meine Frau und ich persönlich kennen gelernt haben und deren Arbeiten uns nicht nur sehr gefallen, sondern die wir auch menschlich schätzen. Mittlerweile ist allerdings kaum mehr Platz an den Wänden…

 

Frage: Sicherlich haben Sie sich in den vergangenen Monaten in Ihre neue Aufgabe einarbeiten können. Gibt es spezielle Schwerpunkte, die Sie in der kommenden Zeit neu oder anders setzen wollen? Gibt es Bestrebungen, die junge Generation mehr für die Arbeit oder die Mitgliedschaft im Kunstverein gewinnen zu wollen und wenn ja, welche Konzepte gibt es dafür?

Harald Kielmann: Gemeinsam mit dem künstlerischen Beirat habe ich ein Ausstellungsprogramm 2015 geplant, das ich – und hoffentlich auch unser Publikum – sehr interessant und vielversprechend finde. Dabei gibt es sicher die eine oder andere Neuentdeckung zu machen, aber insgesamt können wir auf einer langen Tradition von Ausstellungen auf hohem künstlerischem Niveau aufbauen und diese fortsetzen. Da gibt es Kontinuität und weniger Bruch als eher Erweiterungen. Neue Publikumsschichten, und insbesondere jüngere, anzusprechen, ist ein selbstverständliches Ziel, aber wie bei vielen anderen Vereinen und Kulturinitiativen ist das nicht einfach. Wir wollen insbesondere unser Rahmenprogramm zu den Ausstellungen erweitern und dabei auch über die Bildende Kunst – in der es ohnehin eine deutliche Tendenz zur „Entgrenzung“ gibt – hinausgehen. Das sind Versuche, und ich bin gespannt, was davon gelingen wird.

 

Frage: Was scheint Ihnen bei einer Analyse der bisherigen Kunstvereinsarbeit – es sind ja bereits über 35 Jahre – besonders erfolgreich und wo war dies weniger der Fall?

Harald Kielmann: Da ich nach vielen Jahren im Ruhrgebiet, in Berlin und Oberbayern erst 2002 nach Mosbach gekommen bin, kann ich zu der langjährigen Geschichte wenig sagen. Was ich aber vorgefunden habe, waren ein hochwertiges Ausstellungsprogramm in zwei hervorragend geeigneten Ausstellungsräumen in Mosbach und Buchen und ein hochmotiviertes Vorstandsteam, ein Erfolg der bisherigen Arbeit, den es fortzusetzen gilt.

 

Frage: Die Leitung des Vereins fordert sicherlich hohes Engagement in vieler Hinsicht und Einarbeitung. Gewiss hilft Ihnen Ihre langjährige Erfahrung als Leiter des Mosbacher ver.di  Bildungszentrums bei der Führung eines so großen und stark positionierten gemeinnützigen Kultur-Vereins mit zwei ständigen Ausstellungsstätten. Haben Sie diese beiden Arbeitsbereiche in Ihrem Leben – die berufliche Tätigkeit im Bildungszentrum und die ehrenamtliche Leitung des Kunstvereins – schon einmal einem Vergleich unterzogen? Wo kommen Sie mit ähnlichen Arbeitsabläufen in Berührung, wo geht es auch ganz anders zu?

Harald Kielmann: Bei der Leitung des Bildungszentrums geht es zwar um andere Dimensionen, mit viel hauptamtlichem Personal und einem ganz anderen Budget, aber auch der Vorsitz des Kunstvereins ist eine Leitungsaufgabe, und da gibt es viele strukturelle Ähnlichkeiten: wie setze ich begrenzte Mittel möglichst optimal für einen ideellen Zweck ein, wie ist die Organisation effizient zu gestalten, wie motiviere ich Engagement und wie gehe ich mit Konflikten um, wie verständigen wir uns immer wieder neu über Ziele und Strategien? Ein Kunstverein ist keine One-Man-Show, sondern funktioniert nach meiner Überzeugung nur als Team, und hier ist der Vorsitzende weniger als „Boss“ gefragt denn als Moderator, Motivator und Manager von Prozessen.

 

Fragen an Harald Kielmann und Foto: Tim Krieger, Mosbach

Dieses Interview erschien am 7. Januar 2015 in leicht gekürzter Form in der Rhein-Neckar-Zeitung

 

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