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Gertrude Reum - Durchkreuzungen
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„Durchkreuzungen“ lautet der Titel der großen Herbstausstellung des Kunstvereins Neckar-Odenwald, die gleich an zwei Orten in Buchen zu bestaunen sein wird. Gewidmet ist sie Gertrude Reum ,der wohl renommiertesten Künstlerin im Neckar-Odenwald-Kreis. Die „Grande Dame“ des Kunstvereins, ausgezeichnet mit vielen Preisen und auch international bekannt, feiert ihren 80. Geburtstag. Und dies ist Grund genug, das Werk der vielschichtigen Buchener Künstlerin im „Vis à Vis“ und im Bezirksmuseum Buchen zu präsentieren. Nach wie vor verleiht sie mit großem Elan und Engagement ihren künstlerischen Visionen Ausdruck, und das wird die breit angelegte Ausstellung mit verschiedenen Werkkomplexen auch dokumentieren.
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Gertrude Reum, 1926 in Saarbrücken geboren, erhielt ihre erste künstlerische Ausbildung bei Jakob Schug und absolvierte danach an der Fachhochschule für Gestaltung in Offenbach (1947-50) ihr Studium. Neben ihrer malerischen Tätigkeit widmete sie sich bald schon plastischen Arbeiten. Messing, Edelstahl und Aluminium sind dabei ihre Werkstoffe. Zudem entstehen Radierungen und Reliefarbeiten aus Metall, die in ihrem Ausdruck teilweise dem„Informel“ zuzuordnen sind. Naturformen lassen sich erkennen, wahren aber Distanz zum reinen Abbild. Aquarelle in sehr gedeckten Farben entstehen, Landschaftsbilder, die eine große Weite vermitteln. Streng wirken ihre ersten großen Skulpturen aus Stahlblech; es folgen kinetische Objekte und Arbeiten aus Acrylglas.
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1986 entdeckt sie den Zellstoff als künstlerisches Ausdrucksmittel und entwickelt eine ausgeklügelte Technik, dieses schwierige Material zu bearbeiten. Das heißt, sie reißt, ritzt und öffnet die befeuchteten Zellstofflagen, lässt sie wieder trocknen und fixiert anschließend das empfindliche Material mit Farbe, die aber im Hintergrund bleibt. So lässt sie den streng gerahmten Zellstoff-Objekten ihre eruptive Kraft. Seelenzustände könnte man in diesen kraterförmigen Aufrissen vermuten. Andere Zellstoffarbeiten sind in der Oberfläche weniger rissig, weisen dafür aber heftig gestische Spuren auf, aufgetragen mit dickflüssiger Farbe, in kräftigem Blau oder Schwarz – und dies gibt den Arbeiten ein höchst dynamisches Moment.
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Sind Gertrude Reums Arbeiten in den Anfängen ausdrucksmäßig noch eher vielschichtig, changierend in der Farbgebung und lassen immer auch Assoziationen zu Naturformen aufkommen, so erlangt sie in den letzten Jahren in der Reduktion der formalen Mittel eine immer raffiniertere Ausdrucksweise. Damit gelingt es ihr, in zunehmendem Maße eine künstlerische Entsprechung für so schwer fassbare Phänomene wie Zeit, Raum und Licht zu finden. Besonders faszinieren die Aluminiumbilder, deren hauchdünne Schleifstrukturen sich über die Flächen ausbreiten. Dargestellt sind röhrenartige Gebilde, die teils parallel, über und untereinander schwingend, oder in Durchkreuzungen - ohne Anfang und ohne Ende – über den Bildträger wandern. Die stark reflektierenden Bündelungen scheinen sich fast vom Bildgrund zu lösen und suggerieren ein Schwingen in unendliche Weiten.
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Je nachdem, wie sich der Betrachter bewegt, gelingt Gertrude Reum eine optische Auflösung der Zweidimensionalität hin zum dreidimensionalen Raumgebilde. Dieses Phänomen nutzend, geht die Künstlerin in den Raum und gestaltet in der ab 1997 einsetzenden Werkphase die Bündelungen als Skulpturen. Die mitunter bis zu einer Höhe von sechs Metern empor schwingenden Chromnickelstahl-Röhren setzen Zeichen - weithin sichtbar in der Landschaft oder auch im Kontext von Architektur. Gefasst und geerdet mittels einer Stahlplatte, streben die blitzenden Stahlstangen in den Raum und lösen sich im Hell des Himmels auf. Längst sind sie ein „Markenzeichen“ von Gertrude Reum geworden.
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Text: Ulrike Thiele
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Info: Die Ausstellung „Gertrude Reum – Durchkreuzungen“, ist im Kuturforum „Vis-à-Vis“, Kellereistr.23 , sowie im Bezirksmuseum Buchen (Steinerner Bau) zu sehen. Vernissage: Mittwoch, 27.September, 18 Uhr, im Vis-à-Vis. Geöffnet jeweils mittwochs 19.30 bis 21 Uhr und sonntags 14 bis 17 Uhr. Die Künstlerin bietet Führungen an, ein Katalog liegt auf.
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