Pressearchiv 2010

Fränkische Nachrichten, 15. Mai 2010

Ohne Titel, aber voller Bedeutung

Kunstverein Neckar-Odenwald zeigt poetische Bilder und Collagen von Reiner Fuchs

 

von Tim Krieger

Der hohe Ausstellungsraum im Alten Schlachthaus in Mosbach war erfüllt von erwartungsvollem Gemurmel. Eine große Anzahl von Kunstfreunden hatte sich zur Eröffnung der Ausstellung „Fazit“ des Kölner Künstlers Reiner Fuchs eingefunden.

Den Vorsitzenden des veranstaltenden Kunstvereins Neckar-Odenwald Werner Zeh freute nicht nur das erwartungsvolle Publikum, sondern überhaupt die Tatsache, diesen immer bekannter werdenden Künstler für die Saison gewonnen zu haben.

Bürgermeister Michael Keilbach, der auch im Namen des ebenfalls anwesenden Landrats Dr. Achim Brötel ein Grußwort sprach, stimmte die Anwesenden durch ein Wort von Caspar David Friedrich ein, dessen Sinn sicherlich auch mancher Künstler von heute bestätigen würde: “Die einzig wahre Quelle der Kunst ist unser Herz, die Sprache eines reinen kindlichen Gemütes.“

Prof. Hans Gercke, der in einer luziden Einführung das Werk Reiner Fuchs’ beleuchtete, bewegte sich mit seinen kunsthistorischen Bezügen zwar eher in der Kunst der Moderne. Seine Schlussfolgerungen legten aber die Vermutung nahe, dass auch bei Reiner Fuchs von Innerlichkeit zu sprechen ist, zitierte er doch den Geheimniskünstler Paul Klee als Positionsbestimmung, um den Arbeiten des Kölners näher kommen zu können.

Der Laudator, in Mosbach kein Unbekannter, bezeichnete diese Werke als nicht eben leichte Kost“. Vielleicht unterschätzte er damit aber die „Zumutungsbereitschaft“ der Anwesenden, die ganz offenkundig den Bildern und Collagen, die bis zum 6. Juni hier zu sehen sein, viel abgewinnen konnten.

Jedenfalls halfen seine Überlegungen und Einordnungen, die Werke Fuchs’ in einem weiten und hellen Bezugsfeld zu sehen: zwischen Konstruktivismus und Informel, zwischen Aleatorik und strenger Ordnung, zwischen Raster und Lebendigkeit seien sie zu orten. Hier gelte das Wort der „Coincidentia oppositorum“, des Zusammenfallens der Gegensätze. Die hier gezeigten Werke müssen ohne einfache Deutungshilfen verstanden werden: ihnen fehlen die Titel, ihnen fehlt die Figürlichkeit und ihnen fehlt auch kräftige Farbigkeit, auch wenn einige von ihnen malerischen Charakter haben.

Nach Auffassung des Redners jedoch ist Fuchs, übrigens gebürtiger Heidelberger, der in Bremen, Dresden und Braunschweig studierte, vor allem ein zeichnerisches Talent. Gezeichnet und voller Zeichen, beides gilt für viele seiner Arbeiten. Da gibt es Anklänge an Werke eines Dubuffet, man mag aber auch an rätselvolle Künstler wie Wols denken, wenn man die nuancenreichen, subtilen Werke vor sich sieht. Teils gestisch, teils in strenger Geordnetheit, die aber gelegentlich humorvoll daherkommt, Gegensätze stets, wie Prof. Gercke charakterisierte, „osmotisch und nie gewaltsam“ zusammenbringend, so zeigen sich diese Bilder. Sie sind voll zarter (Kraft-)Linien, Schichtungen, Felder. Aber sie zeigen niemals Gestalten oder Figuren, auch wenn der Laudator darüber informierte, dass manche Arbeit direkte Bezüge hat zu Menschen, die dem Künstler bedeutend sind.

Diese Werke, so Prof. Gercke, der jahrzehntelange den Heidelberger Kunstverein leitete, seien Angebote zur Wahrnehmung. Auf visuelle Weise wird der Betrachter dabei auch in seiner Haptik angesprochen: verschiedene Papiercharaktere, feine Oberflächenstrukturen, Raues, Weiches, Zartes, Hartes – all das ist zu „erfühlen“.

Eine gelungene Ausstellung, die sogar – und das ist in diesen Räumen gar nicht einfach – Kontakt aufnimmt mit der historischen Architektur: Helldunkel-Kontraste, Rasterungen und, besonders bezeichnend für das Werk von Reiner Fuchs, Rhythmisierung.

 

 

 

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