Pressearchiv 2010

Von der Schönheit einer „recycelten“ Plastiktüte

Monika Linhard zeigt im Kunstverein die Rauminstallation „Tütengeflüster“ – Neuer Blick auf Alltäglichkeiten

 

von Peter Lahr

 „Ein bisschen riecht’s.“ „Und es ist auch wärmer als sonst.“ So lauteten zwei des öfteren zu hörende Kommentare, kaum hatten die Vernissagengäste von Monika Linhards Rauminstallation „Tütengeflüster“ am Sonntagvormittag das Alte Schlachthaus betreten. Was da roch, war ein Schwarm hauchdünner grüner Plastiktüten, der in Form einer kompakten Raute zwischen Himmel und Erde, bzw. zwischen Fußboden und Decke schwebte. Von unten „algig-grün“ angestrahlt - und erwärmt - durch sechzehn 500-Watt-Leuchter, sogenannter „Floorspots“.

„Das durch die Thermik evozierte Zappeln und Wabern lässt den Assoziationen freien Lauf“, betonte Werner Zeh, Vorsitzender des Kunstvereins Neckar-Odenwald. Gegenstände, die Sie dem Alltäglichen entnehme, unterziehe Monika Linhard einer Metamorphose, einer Art  „geistigem Recycling“. Gar eine Seelenverwandtschaft zu Joseph Beuys sah Zeh. Denn nur über das Interesse des Betrachters an Material und Bedeutung der Dinge erschlössen sich die Geheimnisse ihrer Objekte. „Diese Kunst hat ihre ganz eigene Magie und Poesie“, betonte Bürgermeister Michael Keilbach in seinem Grußwort. Er fand es faszinierend, wie Monika Linhard mit schnöden Alltagsdingen solch filigrane und sphärisch anmutende Kunst erzeugen könne.

„Flüstern bedeutet nicht nur leise sprechen. Auch Geheimnisse und Liebesschwüre werden geflüstert“, betonte die Kunsthistorikerin Dr. Isa Bickmann in ihrer Laudatio. Als inhaltlicher Einstieg in die Rauminstallation diente ihr eine Filmszene aus „American Beauty“. In  Sam Mendes’ oscarverwöhntem Spielfilm von 1999 taucht zwei Mal das Video einer Plastiktüte auf, die sich in einer zirkulierenden Luftströmung bewegt. Ein Symbol für die Schönheit des Lebens.

„Diese Tüten verhalten sich sehr menschlich“, empfand die Laudatorin mit Blick auf die Rauminstallation. Sie  blähten sich auf, ließen mit sich spielen. Es entstünden dabei Bewegungen, wie man sie auch bei Menschengruppen beobachten könne.

„Mein Materialzugang ist immer die sinnliche Ebene: Haptik, Geruch, wie etwas knistert“, leitete Monika Linhard über in ein Künstlergespräch. Bereits eine Vorgängerarbeit habe mit dem Phänomen der „thermischen Plastiktüten“ gespielt. Ganz die gelernte Holzbildhauerin sprach aus der Aussage über ihre künstlerische Methode: „Ich würde das vergleichen mit dem Schälen einer Frucht. Ich schäle langsam den Kern heraus, den ich zeigen will.“ Überaus persönliche Motivationen kämen hinzu: „Nach dem frühen Tod meiner Eltern erbte ich ein Konvolut von Alltagsgegenständen, die ich mit in mein  Atelier nahm, untersuchte, zerlegte und neu zusammensetzte.“

 

 

 

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