Presse 2012

Rhein-Neckar-Zeitung, 14. 9. 2012

Das alte Schlachthaus wird zum Labor - Kunst im Prozess

„Amazonien- können wir?“ - Ottjörg A.C. startet sein Projekt „un-urban faces“ im Kunstverein Neckartal-Odenwald

 

von Dorothee Lindenberg

Mosbach ist der Ort, an dem Ottjörg A.C. für die Zivilisation „zugerichtet“ worden ist, wo ihn die Sehnsucht nach fernen unzivilisierten Welten aus dem Lateinunterricht hat fortträumen lassen. Mosbach sei auch der Ort, an dem Kunstvereinsmitglied Denis Russell ihn in seinen Fähigkeiten bestätigt habe, den Weg als Künstler mit Disziplin und Engagement zu gehen. Jetzt ist Mosbach der Ort, an dem Ottjörg A.C. das Projekt „un-urban faces“ startet und Mosbach so zu einer Station zwischen Beirut und Amazonien, zwischen Sao Paulo, Peking, New York und anderen „nicht urbanen“ Orten und Plätzen wird.

Schule sei immer ein Ort der Zivilisation und der Disziplinierung, der die Gedanken der Schülerinnen und Schüler beflügle, in ihnen den Wunsch nach Abenteuer und freier Entfaltung keimen lasse, glaubt Ottjörg A.C. aus eigener Erfahrung. Einritzungen, Kratzspuren, Kerben und bildhafte Darstellungen auf Schülertischen seien Spuren jener Aus- und Aufbrüche, die die Verortung des Schülers „in der Ewigkeit des Schulunterrichts“ bezeuge.

Fünf Jahre lang hat der in Mosbach aufgewachsene Künstler Schultische aus nahezu allen Kontinenten - Tische zweier Mosbacher Schulen eingeschlossen - als Druckstock genommen und im Tiefdruckverfahren auf etwa 660 Drucken diese Sehnsuchtsspuren sichtbar gemacht. Die Farbe ist die einzige Zutat des Künstlers, der ansonsten die Schüler sprechen lässt. Die meisten Tische sind längst zurück an ihrem Platz, einzelne Drucke in Museen und in Privatbesitz gelandet.

Aber während „Deskxistence“ dokumentiert und die Grafikserie abgeschlossen ist, geht das Projekt für Ottjörg A.C. weiter. Er will die Sehnsüchte und Phantasien, die in die Schultische eingeschrieben sind, an die Orte bringen, an denen seine Gedanken während des Schulunterrichts Zuflucht gefunden haben. An extremen Orten, in Grönland, auf dem offenen Meer, in der Wüste und in Amazonien will Ottjörg A.C. 100 seiner zwischen Glasplatten eingeschweißten Arbeiten installieren und sich selbst überlassen. Während zweier Jahre wird deren Lebenszyklus beobachtet und dokumentiert. Den Anfang macht zunächst der Regenwald, wobei es dem Künstler wichtig ist, mit dem Ort zu kommunizieren, um eine Installation zu realisieren, die mit dem Ort korrespondiert. „Auch den Gedanken an ein Scheitern - die Fragestellung „Amazonien - können wir?“ drückt es aus - lässt Ottjörg A.C. zu.

Die Auseinandersetzung mit dem Ort (Amazonien) und die Annäherung an die Installation wird ab kommenden Sonntag das pulsierende Herz der Präsentation im Kunstvereinsgebäude sein. Hier soll die einzigartige Vorbereitung für das Projekt erfahrbar werden, versprechen Ottjörg A.C. und Kuratorin Ulrike Thiele. Anhand von Fotos, Zeichnungen, Videoaufnahmen und Modellen entwickelt Ottjörg A.C. seit der ersten Rückkehr aus dem Regenwald Ideenskizzen zur Umsetzung des Projekts. Ein Teil davon fand im Künstleratelier statt, ein weiterer Teil entsteht nun mitten in Mosbach, was den experimentellen Charakter des Projekts unterstreicht.

Wie diese Ausstellung im Detail aussehen wird, weiß auch Thiele nicht. „Es wird ein spannender Prozess“, sagt sie voraus und meint sowohl das Vorher als auch das Während und Danach. Ein Prozess, der nur funktioniere, wenn Verbindungen und Vernetzung zustande kämen. Gerade Kunstvereine hätten die einmalige Möglichkeit den Betrachter in die Produktion eines Künstlers mit hineinzunehmen, glaubt sie und wartet neugierig darauf, was hierbei an Unerwartetem und Neuem passiert.

Die Ausstellung von Ottjörg A.C.: Amazonien - können wir? - Projektauftakt für „un-urban faces“ wird um 11 Uhr am 16. September 2012 im alten Schlachthaus eröffnet.

 

 

 

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