Pressearchiv 2006

Rhein-Neckar-Zeitung, 29. März 2006

Assoziative Kunst, die Fragen stellt

Kunstverein eröffnete die Saison mit Armin Lamberts „Verbrämung“

 

Von Peter Lahr

Mosbach. Das etwas aus der Mode gekommene Wort „Verbrämung“ wählte der Kraichtaler Künstler Armin Lambert als Titel für seine Ausstellung im Alten Schlachthaus Mosbach. Bewusst und assoziativ setzt er sich in seinen Rauminstallationen mit der ursprünglichen Aufgabe des Gebäudes auseinander. Zur Eröffnung konnte Werner Zeh, Vorsitzender der Kunstvereins Neckar-Odenwald, am Sonntagvormittag neben dem Künstler und der Laudatorin Maria Lucia Weigel MdL Gerd Teßmer, Landrat Dr. Achim Brötel und Bürgermeister Michael Jann unter den fast 50 Vernissagen-Gästen begrüßen.

„Woran erkennt man ein gutes Kunstwerk?“, fragte Werner Zeh am Ende seiner Begrüßung und lieferte prompt die Antwort: „Daran, dass man es nicht vergisst.“ Manchem Ausstellungsbesucher mag es ähnlich ergangen sein, wie MdL Gerd Teßmer, der unumwunden zugab, er habe beim Betreten erst mal „einen kleinen Schreck“ bekommen. Doch nach einer kurzen Erklärung des Künstlers gefiel ihm die Ausstellung, die man so nur in Mosbach betrachten könne, gut. Den Künstler Armin Lambert lobte der Abgeordnete: „Sie bringen einen auf künstlerischen Art und Weise zum Denken.“

Als „hochinteressantes Gesamtkunstwerk“ stufte Bürgermeister Michael Jann die Ausstellung ein. Besonders freute sich er sich über die Anwesenheit des Landrats unter der „Schar der Aufrechten“.

Den Ausstellungstitel erläuterte der Künstler so. Bereits beim erstmaligen Besichtigen des Alten Schlachthauses sei ihm klar geworden, dass er dessen ursprünglichen Zweck mit in sein Ausstellungskonzept aufnehmen wollte: „Heute wird die gesamte Schlachtgeschichte ganz im Stillen und zurückhaltend vollzogen. Es wird heute verbrämt, man redet das schön.“

Der Begriff „verbrämen“ beschrieb ursprünglich „etwas am Rand verzieren“. Doch schnell wurde er im übertragenen Sinne verwandt für „eine Aussage verschleiern, verhüllen“. Das Doppeldeutige des Begriffs gefällt dem Künstler sehr. Deshalb fand dieses Prinzip immer wieder Eingang in seine Werke; so bei zwei schweren Stahlbleche, die in Mosbach scheinbar schwerelos und leicht im Raum hängen. Apropos „hängen“. Während er die Ausstellung entwickelte, bemerkte Lambert, dass er für die Realisierung Seile benötigte. Diese ließ er teilweise von den originalen Metallschienen unter dem Dach herunterhängen. So entstand „nebenbei“ auch die Idee für den „Ariadnefaden“, der sich nun durch die Ausstellungsstücke windet. „Objets trouvés“, gefundene Objekte oder Gegenstände aus Familienbesitz lösten auch bei weiteren Kunstwerken eine Arte Initialzündung aus. Ein weißer Stein fiel Lambert unterwegs auf, weil ihn dessen Farbe und Form an Fett oder Hirn erinnerte. Vom Finden zum Erfinden übergeleitet, findet sich der Stein nun an markanter Stelle in der Ausstellung wieder. Einem aufwändigeren Transformationsprozess unterzog Lambert einen alten Motivteppich, den er von seiner ehemaligen Schwiegermutter erhielt. Schon immer faszinierten ihn die darauf abgebildeten Tiere. Deren Umrisse pauste er nun auf durchsichtiges Papier und schuf in einem zweiten Schaffensprozess ein Tuch, das er „all over“ mit zart kolorierten Tierornamenten bedeckte. Dieses Tuch bildet nun den versöhnenden Schlusspunkt der Ausstellung.

Dem Blick des eintretenden Besuchers begegnet dagegen ein frei im Raum hängender Fuchs. Dieser war einst auf einen Mantelkragen aufgenäht. Lambert löste ihn davon ab und bemalte die freigelegte Rückseite mit rotem Kugelschreiber. Passiert er den Fuchs, so betritt der Besucher einen komplexen Raum, ein vielfältig ausgestaltetes Kunstfeld, das zeigt, wie ein Tier in Nahrung verwandelt wird.

Eine frei hängende Badewanne mit Waschbecken erinnerte den Künstler an die Brühwanne, in die ein Schwein nach dem Schlachten gelegt wird. Er machte sie zum Ausgangspunkt für seine Installation „Haut und Knochen“, die gemeinsam mit einem gehörnten Schädel – ebenfalls technischer Provenienz – im Zentrum des Schau steht bzw. hängt. Da sein Großvater und sein Onkel Metzger waren, ist Armin Lambert der Vorgang des Schlachtens von frühen Jahren her durchaus vertraut. Zum Vegetarier mutierte er deswegen jedoch nicht.

Verschnürungen und Fleischerhaken, diese beiden Elemente wiesen die Wahrnehmung des Betrachters bereits in eindeutige Richtung, betonte die Kunsthistorikerin Maria Lucia Weigel in ihrer Laudatio. Dass Lambert im Laufe seiner persönlichen Spurensuche gerade das künstlerische Potenzial von banalen Alltagsgegenständen freilege, faszinierte Weigel. Und auch das Leben fände „über die Hintertür“ zurück in die Ausstellung. Kleine, aus  vorgefundenem geschaffene Tiere, bevölkerten den Raum; hier eine Eule, dort ein Kriechtier.

INFO: Die Ausstellung „Armin Lambert.  Verbrämung“ ist bis zum 23. April im Alten Schlachthaus Mosbach zu besichtigen. Geöffnet ist donnerstags, samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr. Derzeit findet im Badischen Kunstverein Karlsruhe auch eine Fotoausstellung von Armin Lambert statt.

 

 

 

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