Pressearchiv 2007

Rhein-Neckar-Zeitung, 29. 3. 2007

„Ich bin das Bild, das du schaffst“

Performance „Taken“ eröffnete Lynn Schoene-Ausstellung „Zeitlos“

 

Von Peter Lahr

Eine junge Frau sitzt auf einem Holzstuhl in einer Ecke des Raums. Auf ihren Knien liegt ein großer Bogen dünnes Papier. Mit Kreide färbt Helen Schoene eine Stelle schwarz, verwischt diese und schneidet sich sehr lange künstliche Wimpern aus, die sie mit geübten Griffen schichtenweise über ihre Augen klebt.

„Diese Performance läuft, während ich rede“, erklärt Kunstvereins-Vorsitzender Werner Zeh am Sonntagnachmittag im Alten Schlachthaus. Unter den rund 70 Vernissagengäste begrüßt der Kurator neben der Künstlerin Lynn Schoene Landrat Dr. Achim Brötel, Oberbürgermeister Michael Jann und Bürgermeister Michael Keilbach persönlich. „Drei Jahrzehnte Leidenschaft für die Kunst“, bringt Werner Zeh das 30-jährige Bestehen des Kunstvereins Neckar-Odenwald auf einen Punkt, bevor er in Lynn Schoenes Ausstellung „Zeitlos  (another time, another space)“ einführt (die RNZ berichtete am 23. März). „Die kühlen Temperaturen können die Wachsobjekte tragen“, betont OB Michael Jann in seinem Grußwort.

Da schafft sich die junge Frau – ihre Augen sind mittlerweile hinter einem dichten Vorhang von Papierwimpern verschwunden – mittels zweier gerollter „Absätze“ hochhackige Schuhe und verlässt den sicheren Stuhl. Zerbrechlich wirkt sie, als sie unsicher voran schreitet. Als müsse sie das Gehen erst lernen. „Ich bin das Enigma. Ich bin das Bild, das Du schaffst“, deklariert sie. Dann kürzt die Künstlerin ihre Wimpern mit einer Schere. Die Begegnung mit etwas Unbekannten, den Sprung vom Gegenüber zum Ich, vom Objekt zum Subjekt, vollzieht Helen Schoene, die Tochter der Künstlerin, in ihrer Performance „Taken“ einfühlsam. Die Absolventin des Londoner Goldsmith-Instituts lässt sich Zeit für die Wirkung von Wort und Bewegung.

Sie wolle zeigen, was sie von den Arbeiten ihrer Mutter mitnehme, erläutert Helen Schoene später: „Texturen und Materialien sind auch für meine Arbeiten bestimmend. Wir sind uns darin ähnlich“, sieht sie als Parallele. Mutter und Tochter teilen die Begeisterung  für die viktorianische Zeit. Auch wenn Helen Schoene die englischen Klassiker verschlingt, den Text für „Taken“ hat sie selbst geschrieben. Ähnlich, wie jemanden kennen zu lernen, sei der künstlerische Prozess. Assoziationen zum Dickens-Roman „Great Expectations“ (Große Erwartungen), seien in der Schlüsselszene mit der sich „schön machenden Frau“ durchaus beabsichtigt.

 

 

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