Pressearchiv 2007

Rhein-Neckar-Zeitung, 23. März 2007

Ihre Kunst ist feminin, raffiniert und sehr ästhetisch

Kunstverein zeigt Lynn Schoene-Ausstellung „Zeitlos“

 

Von Peter Lahr

Dieses Jahr feiert der Kunstverein Neckar-Odenwald sein 30-jähriges Bestehen. Dazu haben sich Vorsitzender Werner Zeh und sein Team ein umfassendes Programm ausgedacht. „Zeitlos“ nennt dagegen Lynn Schoene ihre Ausstellung, die am Sonntag die Kunstsaison im Alten Schlachthaus in Mosbach eröffnet. Als Untertitel für die Schau, die Bilder, Objekte und Installationen zeigt, wählte die aus England stammende Künstlerin, die heute im Großraum Heidelberg-Mannheim lebt, „another time, another space“. Was es damit auf sich hat, verriet Lynn Schoene vorab der RNZ.

Man könnte den Untertitel auch übersetzen mit: „Nicht von dieser Welt“. Denn der Ausgangspunkt für die beiden Bilder, die die „Urzelle“ der Mosbacher Ausstellung bilden, liegt zeitlich weit zurück. Bereits als Kind las Lynn Schoene Charles Dickens Roman „Great Expectations“ (Große Erwartungen): „Das Buch hat mich fasziniert. Ich musste es immer wieder lesen. Und später als Film ansehen. Aber ich hatte auch etwas Angst dabei“, gesteht sie. Eine Schlüsselszene darin bildet die geplatzte Hochzeit von Miss Havisham. Auf ihrem Landsitz sitzt sie im Brautkleid, das „Hochzeitszimmer“ ist festlich geschmückt. Doch der Bräutigam macht sich mit ihrem Geld auf und davon. Die Braut lebt fortan außerhalb von Zeit, Raum und Realität.

Der Zeitaspekt und die Vergänglichkeit bilden auf den beiden großformatigen Reliefbildern den Ausgangspunkt, aus dem sich die vielschichtige Ausstellung entwickelt. Mit stark verdünntem Bitumen und Sand schuf Lynn Schoene den Bildgrund. Darauf gruppierte sie eine riesige Anzahl von winzigen Wachsteilchen. Deren Formen erinnern an Bienenwaben. Und auch der süßlich-harzige Duft von Wachs umspielt bald die Nase des Betrachters.

Jedes Teilchen formte Schoene  von Hand und bildete daraus jenes Hochzeitskleid der Miss Havisham und einem Kronleuchter. Damit umkreist Lynn Schoene frei und assoziativ zwei  Elemente aus dem Roman. „Die Waben mit weißer Farbe zu überschütten, war das Spannendste“, erläutert die Künstlerin: „Da kann das meiste schief gehen.“ Ist aber zum Glück nichts, wie die eindrucksvollen Bilder belegen.

Die Erzählungen ihrer Großmutter aus der viktorianischen Zeit und Besuche im Londoner Victoria & Albert-Museum speisten und vertieften Schoenes Interesse am Thema Kleidung des 19. Jahrhunderts. Sie inszenierte ein mehrteiliges Ensemble, das an Festgewänder und Ballroben, aber auch an Korsette und ähnliche „Gerüste“ für den weiblichen Körper erinnert. In Lebensgröße wirken diese Gebilde wie ein eingefrorenes Ballett. Lynn Schoene bildet die Oberteile aus Baumwollgaze, das sie mit flüssigem Wachs überzieht. Als „Sockel“ dienen mitunter rostende Stahlgestelle. Als Kontrast dazu zeigt Lynn Schoene großformatige, in Sepiabraun lavierte Aktzeichnungen. Sechs Querformate bilden einen Fries, den sie als schwungvoll rhythmisierte „Bodyscape“ versteht.

 

 

 

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