Pressearchiv 2011

Rhein-Neckar-Zeitung, April 2011

„Die Kugel hat etwas Anziehendes“

Josef Stephan Wurmer zeigt im Kunstverein „Holzskulpturen“ – Kettensäge und japanisches Tempelbauwerkzeug

„Kunstvereine sollen nicht Gesichertes bestätigen, sondern ‚Fragwürdiges’ ausloten“, betonte Werner Zeh (l.) Vorsitzender des Kunstvereins Neckar-Odenwald bei der Eröffnung von Josef Stephan Wurmers (2.v.l.) Ausstellung „Holzskulpturen“. Auch MdL Georg Nelius (3.v.l.) und Landrat Dr. Achim Brötel waren hierzu ins „Alte Schlachthaus“ gekommen.

 

Bericht und Foto von Peter Lahr

Seit 1993 arbeitet der Nürnberger Künstler Josef Stephan Wurmer nur noch mit einem Material: Holz. Dass ihm dieser Werkstoff vollauf genügt, um der Ordnung der Dinge auf den Grund zu gehen, um die Tiefen des Kosmos auszuloten, zeigt seine aktuelle Ausstellung im Mosbacher Domizil des Kunstvereins Neckar-Odenwald, die er voller  Understatement „Holzskulpturen“ titelt.

„Der Winterschlaf ist vorbei, das Alte Schlachthaus erstrahlt in neuem Glanz“, begrüßte Landrat Dr. Achim Brötel am Sonntagvormittag die überschaubare Schar der Kunstfreunde, unter ihnen der frischgewählte Landtagsabgeordnete Georg Nelius, zur Vernissage. „Holz ist zwar nur ein einsilbiges Wort, aber dahinter steckt eine Welt von Märchen und Wundern“, zitierte der Politiker den ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss. Absolut auf der Höhe der Zeit sei auch der Kunstverein, der seine Ausstellungssaison in Mosbach pünktlich zum Internationalen Jahr der Wälder mit „Holzskulpturen“ eröffne. Mit 42 Prozent bewaldeter Fläche sei der Neckar-Odenwald prädestiniert für solch eine Schau – zumal die ehrenamtlich Aktiven des Kunstvereins seit 34 Jahren den Beweis anträten, dass moderne Kunst auch im ländlichen Raum ihren berechtigten Platz habe.

Skulptur nehme im aktuellen Kunstbetrieb wieder einen hohen Stellenwert ein, unterstrich Werner Zeh. Der Vorsitzende des Kunstvereins sah in der Holzskulptur die älteste Kunstform der Menschheit. Die Werke von Josef Stephan Wurmer befriedigten ein „neues-altes Bedürfnis nach Sinnlichkeit.“ Auch wenn sie nicht-figürlich seien, könne man sie kaum abstrakt nennen. Mit großer Leidenschaft für „sein“ Material schaffe der Bildhauer „Momentaufnahmen eines bewegten und bewegenden Entstehungsprozesses“. Indem Wurmer den Baumstamm oder das Kantholz als Ganzes bearbeite, das Innere nach Außen kehre, gelinge es ihm, die Grundgegebenheiten der Formwelt zu ergründen.

„Die Kugel hat etwas Anziehendes. Sie ist in sich abgeschlossen und nimmt kaum Kontakt nach außen auf“, kommentierte Josef Stephan Wurmer die erstaunliche Tatsache, dass das kugelartige Gebilde „Lichter Raum“ sich als wahrer Magnet erwies. Kaum ein Besucher, der sich nicht über diese „Weltenbaumkugel“ beugte, in sie hineinblickte, oder auch über die grob behauen wirkende Oberfläche strich. „Hier können Sie das, in der Galerie ginge jetzt gleich die Alarmanlage los“, schmunzelte der Künstler angesichts solch haptischer Annäherungsversuche. Grundformen wie Kugeln und Spiralen weiß Wurmer etwa durch diagonale Schlitzung dynamisch aufzuladen. Ihm gelingen schlicht wirkende und zugleich raffiniert konstruierte Artefakte. An den großen Skulpturen arbeite er ausschließlich mit Kettensägen, erläuterte Wurmer. Nur bei den kleinen „Windhölzern“ griff er zu japanischen Werkzeugen, die dort beim traditionellen Tempelbau verwendet werden. Dass seine archaisch-schlichten Arbeiten durchaus meditativen Charakter besitzen, hörte der Künstler nur zu gerne. Sein Ziel sei es zudem, die Kraft des Baumes mit seiner Rinde und Krone zu erhalten. Deshalb dürfe die Oberfläche nicht zu glatt werden.

„Zuerst ist die Idee da, dann suche ich das passende Holz“, beschrieb Wurmer seine übliche Vorgehensweise. Doch bevor er zur Kettensäge greife, fertige er Werksskizzen. „Ich habe immer mein Skizzenbuch dabei.“ Einzig bei den jüngst entstandenen, „Windhölzern“ sei tatsächlich die gebogene Form des Holzes der Ideengeber gewesen.

„Solche Räume mag ich sehr“, zeigte sich der Künstler hochzufrieden mit dem Ausstellungsort. Schlichte Wände, die nicht von Heizkörpern oder Schildern gestört würden, tiefe Fensterlaibungen und ein klar geschnittener Raum seien für seine Arbeiten perfekt. Schnell füllte die Aprilsonne die Holzskulpturen mit Licht, befolgte somit die Regieanweisung des Titels „Lichter Raum“.

 

 

 

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